Graskarpfen

Welcher Angler kennt nicht folgende Situation: Es ist ein herrlicher, heißer Sommertag und seit Stunden haben unsere Bißanzeiger keinen Laut von sich hören lassen. Die einzigen Aktivitäten, die man erkennen kann, sind einige kapitale Grasfische, die sich an der Wasseroberfläche sonnen oder mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt sind. Allein dieser Anblick genügt, um in mir den tiefen Wunsch zu wecken einen oder mehrere dieser bildschönen Riesen zu Überlisten. Wenn ich nur vorher gewußt hätte,’wieviel Zeit ich für Methoden, Futter, Taktiken und Angeln aufbringen mußte. Bis ich zum ersten Mal Erfolg hatte, konnte ich nur für mich hoffen, daß ich nicht häufiger auf solche Ideen komme. Trotz alledem hat das ganze einen Vorteil: Ich kann Euch heute über meine Erfahrungen berichten, und vielleicht zu einem wunderschönen Grasfisch verhelfen. Das erste, was man benötgt um einen schönen Grasfisch zu fangen, ist ein passendes Gewässer. Darunter verstehe ich einen See oder Fluß mit verhältnismäßig wenig natürlicher Nahrung. Denn Sie können mir glauben in einem total verkrauteten Gewässer werden Sie so gut wie nie einen Grasfisch fangen können, weil das natürliche Nahrungsangebot so hoch ist, daß die Fische es nicht nötig haben zusätzliches Futter aufzunehmen, mit dem sie auch noch gefangen werden könnten. Haben Sie nun ihre Gewässerwahl getroffen, kommt es auf den geeigneten Angelplatz an. Denn wir können nur dort Fische fangen, wo sie sich aufhalten. Sieht man die Grasfische tagsüber an der Wasseroberfläche stehen, ist es sehr sinnvoll, daß man dort in der Nähe seinen Futterplatz anlegt. Möglichst auf einen sogenannten Anlaufplatz, sprich Plateaus oder eine Sandbank. Sieht man keine Fische an der Wasseroberfläche, legt man seinen Futterplatz möglichst an die natürlichen Freßgebiete der Grasfische. Das sind Krautfelder, Inseln mit Grasbewuchs oder ganz einfach im Uferbereich, wo sich vor allem nachts die Grasfische aufhalten, *um dort nach Futter zu suchen. Aufjeden Fall würde ich den Futterplatz nie tiefer als 4 Meter anlegen. Denn trotz vieler Angelsit- Zungen hatte ich noch nie eine Aktion von einem Grasfisch in dieser Wassertiefe. Ich bin überzeugt, daß Grasfische warme und flache Stellen bevorzugt aufsuchen, und dort natürlich auch häufiger gefangen werden können. Als Köder für Grasfische benütze ich nach vielen Versuchen mit Hartmais, Teig oder Stücken vom Salatherz doch wieder Boilies. Denn richtig präsentiert, habe ich sehr guten Erfolg damit gehabt. Als erfolgreichste Boiliemischung kristallisierte sich ein Birdfood-Mix den Rob Maglin entwickelt hat. Übrigens mit dem Mix fängt man auch hervorragend alle andern Karpfenarten. Das Rezept für lkg Mix: 5009 Quiko Vogelfutter (Aufzuchtfutter) 300gr Soja lsolate 200gr Weizengries 13ml Richworth Tutti Frutti Flavour 5ml Protast Sweetener Wir fingen mit diesem Boilie alle unsere Fische.. Das mag auch daran liegen das der Mix durch seine Grundsubstanz unheimlich fruchtig und süß riecht und dadurch heiß begehrt wurde von den Grasfischen. Die erfolgreichste Ködergröße betrug 10-14mm Boilies. Ich glaube, daß liegt daran, daß Grasfische ein verhältnismäßig kleines Maul haben, sodaß sie auch ihre natürliche Nahrung nur in kleinen Stücken einnehmen. Unsere Anfütterungsmenge muß dem jeweiligen Gewässer angepaßt werden. Als Richtlinie würde ich pro Rute Ca. 150 Boilies von 14mm im Sommer füttern. Nachgefüttert wird erst dann, wenn man Aktionen von Fischen an unserem Futterplatz feststellen kann, z.B. Rollen der Fische, Springen und natürlich Bisse. Als Rig benutze ich ein Helicopter Rig, was ich euch kurz erklären möchte. Als Blei würde ich heute, das von meinem Freund Klaus Brix entwickelte Helicopter Blei benutzen. Die Vorteile dieses geradezu genialen Bleis liegen darin, daß Positionierung des Vorfachs genau in der Mitte des Bleis liegt und damit immer das volle Bleigewicht bei einem Anbiß auf die Hakenspitze kommt. Dadurch ist der Hakeffekt deutlich verbessert. Die weiteren Vorteile liegen darin, daß das Seveifel Bead auf einem in der Mitte des Bleis befestigtem Draht laüft und so unsere Schnur. nicht beschädigt wird. Bei einem Abriß gibt das Blei sofort unser Vorfach frei und der Fisch bekommt so die Möglichkeit, sich von der weiteren Montage zu befreien. Als Hakenmontage benütze ich meine absolute Lieblingsmontage. Sie stammt von Jim Gibbinson und heißt Line- Aligner. Der Vorteil dieser Montage liegt darin, daß man einen Haken benützen kann der sich wie ein herkömmlicher Bent Hook Haken dreht. Die Hakenmontage wird folgendermaßen montiert: Unser Vorfach in diesem Falle 251bs The Edge – wird mittels einer Nähnadel durch ein Stückchen Rig Tube Ca. 1,5mm oder Siliconschlauch geführt, daß dann über das Hakenöhr und teilweise auf den Hakenschenkel geschoben wird. Wichtig ist, daß Ca. 5mm Siliconschlauch über das Hakenöhr hinausschaut. Dadurch dreht sich unser Haken – wahlweise Kevin Maddocks oder Drennan Boilie Hook – wie ein Original Bent Hook Haken. Zum Abschluß dieser Montageer- Iäuterung möchte ich sie bitten, keine Orginal Bent Hook Haken zu verwenden, da sie oft doppelt und dreifach haken, und so dem Fisch riesige Verletzungen zufügen können. Montage siehe Foto Mein Vorfach hatte ich nie länger als Ca. 15cm, eher kürzer. Das liegt daran, daß Grasfische sehr langsam und ohne Angst den Hakenköder aufnehmen. Selbst wenn die Grasfische das Gewicht‘ von einer lOOg Festbleimontage zu spüren bekommen, verleitet das den Grasfisch nicht, wie wir es gewöhnt sind zu einer Flucht, sondern er bleibt bei der nakenmontage stehen und blast unsere Köder samt Montage wieder aus. Als Angler können wir die vorher genannte Aktion daran erkennen, daß unsere Rutenspitze etwas vibriert, der Affenkletterer oder Swinger gleitet Ca. 5-10cm nach unten, und läuft sofort nach oben. Spätestens jetzt sollte der Anhieb gesetzt werden. Verpassen wir die Aktion, müssen wir zu 80% den Traum vom großen Grasfisch noch etwas verschieben. Haben wirjedoch Glück und haken den Fisch, gestaltet sich der Drill meist folgendermaßen. Der Grasfisch folgt ohne großen Widerstand dem Zug des Anglers, ja man kann den Drill vergleichen mit einer größeren Brachse, bis der Fisch an der Oberfläche erscheint. Meist kurz vor unserem Unterfangkescher, wo er dann die Gefahr des gefangenwerdens erkennt. Spätestensjetzt geht der Tanz los. Nicht selten springen die Fische bis zu 1 Meter in die Luft und machen dann gewaltige Fluchten. Oft wiederholt sich die obengenannte Drillszene 5-6 mal, bis wir den Fisch sicher keschern können. Um den Fisch zu wiegen, und den Haken zu lösen, legen wir ihn auf eine Unhook-Mat. Somit sind Verletzungen durch Schlagen des Fisches fast unmöglich. Sehr wichtig ist, daß man nach dem Fang eines Grasfisches sofort Fotos von seiner Beute macht, und nicht den Fisch in einem Karpfensack hältert, um z.B. bessere Lichtverhältnisse abzuwarten. Das Ergebnis wäre verheerend, da der Fisch in kürzester Zeit an Sauerstoffmangel eingehen würde. Deshalb möchte ich sie alle bitten, die Fische schonend zu behandeln. Denn nur der Karpfenangler, der seine Fische behutsam und liebevoll behandelt, sollte sich Karpfenangler nennen. Nicht das Gerät, oder der Fang besonders großer Karpfen sind entscheidend, sondern die Einstellung zur Natur und zum Fisch unterscheiden uns von sogenannten Plumsanglern. Mein Werkzeug zum Fang dieser Fische ist eine 12 Ft 2 112lbs Taper Rute I.M.X. von Rod Hutchinson. Da sich der Hauptteil des Drills im Uferbereich abspielt, können wir mit einer weichen Rute weitgehend das Ausschlitzen des Hakens ausschließen. Als Rolle verwende ich eine Y.S. BTR 4500 von Shimano, die mit einer 0,30er harten Schnur (hohe Tragkraft) gefüllt ist. Ich hoffe, daß ich euch ein wenig helfen konnte, um eurem Ziel von einem Grasfisch etwas näher zu kommen. Natürlich weiß ich auch, daß nicht alles Gesagte auf jedes Gewässer zutreffen kann. Trotzdem denke ich, daß es den einen oder anderen Versuch wert ist, um einen von diesen großartigen Fischen zu fangen. In diesem Sinne wünsche ich euch viel Erfolg.

All the Best.
Oliver Haselhoff